SMR im Fokus

Das Foratom – die Dachorganisation der europäischen Nuklearforen – hat am 28. Februar 2013 zusammen mit der Belgian Nuclear Society (BNS) in Brüssel einen eintägigen Workshop zu kleinen, modularen Reaktoren (SMR) durchgeführt. An der Veranstaltung wurden die Vor- und Nachteile der SMR-Technologie vorgestellt und das Potenzial ausgeleuchtet.

14. März 2013
Der Westinghouse-SMR ist einer von zahlreichen kleinen, modularen Reaktortypen, der auf Leichtwassertechnologie beruht.
Der Westinghouse-SMR ist einer von zahlreichen kleinen, modularen Reaktortypen, der auf Leichtwassertechnologie beruht.
Quelle: Westinghouse

Am Workshop nahmen rund 70 Personen aus Forschung, Industrie und der Strombranche teil. Das Foratom und die BNS boten den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich aus erster Hand über den Entwicklungsstand von drei SMR-Konzepten zu informieren. Aktuelle Lizenzierungsverfahren und die damit einhergehenden Anstrengungen der Reaktorentwickler wurden ebenfalls angesprochen wie auch Möglichkeiten zur Optimierung. Im letzten der drei Themenblöcke wurden wirtschaftliche Vorteile modularer Reaktoren aufgezeigt und eine Kostensimulation vorgestellt.

Bei seiner Eröffnungsrede unterstrich Foratom-Direktor Jean-Pol Poncelet das Potenzial der SMR-Technologie. Kleine Reaktoren würden der Strombranche neue Möglichkeiten in einem sich ändernden Umfeld eröffnen, zeigte sich Poncelet überzeugt. Dieser Ansicht ist auch Ernest Mund, emeritierter Professor der Université Libre de Bruxelles und der Université Catholique de Louvain. Die Option mehrjähriger Brennstoffzyklen, kürzere Bauzeiten und erhöhte Sicherheitsreserven sind für ihn nur einige der Vorteile. Der Einführung neuer SMR-Konzepte stehen aber auch Hürden im Weg. Zum einen müssen Reaktorbauer ihre Fertigungsprozesse anpassen. Zum anderen gilt es bei neuen Konzepten, die nicht auf bewährter Leichtwassertechnologie beruhen, technische Herausforderungen zu lösen. Dazu gehören das Verhalten neuer Werkstoffkombinationen oder ein Gas- statt Wasser-Dampf-Turbinenzyklus. Mund sieht zudem Probleme bei der Lizenzierung neuer Reaktorkonzepte. Die Behörden hätten nur mit grossen Reaktoreinheiten bereits Erfahrung und die Bedienung und Überwachung mehrerer kleiner Reaktoren von einem Kontrollraum aus sei ebenfalls Neuland.

Kleine Schritte …

Die Hürden bei der Einführung neuer Technologien sind mit ein Grund, weshalb sich die Generation mPower LLC und Westinghouse an die Entwicklung eines eigenen SMR-Konzepts gemacht haben, das auf bewährter Leichtwassertechnologie beruht. Für Matt Miles von der Generation mPower sprechen neben den schon erwähnten Vorteilen auch die Möglichkeit zur Luftkühlung, der Einsatz in abgelegenen Gebieten sowie geringere Investitionsrisiken für das mPower-Modul mit 180 MW Leistung. Die Generation mPower – ein Gemeinschaftsunternehmen der Babcock & Wilcox Nuclear Energy Inc. und der Bechtel Power Corporation – plant den Lizenzierungsantrag für den m-Power Mitte Juni 2014 bei der amerikanischen Nuclear Regulatory Commission (NRC) einzureichen. Bis 2021/22 sollen am Standort Clinch River im Bundesstaat Tennessee bis zu vier Module in Betrieb stehen.

Alan Palin von Westinghouse erklärte, sein Unternehmen sehe einen ähnlichen Zeitrahmen vor. Er fügte hinzu, dass bei der Auslegung des Westinghouse-SMR die Möglichkeit zur Lastfolge untersucht wurde. Demnach soll es machbar sein, die Leistung des Westinghouse-SMR an einem Tag von 100% auf 20% zu reduzieren und wieder auf 100% hochzufahren und das bei 2% Leistungsänderung pro Minute. Beide Konzepte – mPower und Westinghouse-SMR – sind für eine Betriebsdauer von 60 Jahren ausgelegt. Sie verfügen über passive Sicherheitssysteme und können bei Netzausfall über mehrere Tage sicher gekühlt werden.

… versus Zukunftsmusik

Eine andere Brennstoffstrategie verfolgt die GE-Hitachi Nuclear Energy (GEH) mit ihrem Prism-Reaktor, der mit Natrium gekühlt wird. Der Schwimmbadreaktor hat eine elektrische Leistung von 310 MW und kann, wie David Powell von der GEH erläuterte, beispielsweise zur Transmutation langlebiger Transurane eingesetzt werden. Die Radiotoxizität derart genutzter nuklearer Abfälle würde somit statt nach 300’000 Jahren bereits nach 300 Jahren auf das Niveau natürlicher Uranerze abklingen. Powell führte weiter aus, dass der Prism auch mit Plutonium oder mit ausgedientem Brennstoff aus der heutigen Kernkraftwerksflotte betrieben werden könnte. Die GEH führt in Grossbritannien für derartige Anwendungen Gespräche mit potenziellen Kunden. Angaben zum zeitlichen Rahmen für die Lizenzierung konnte Powell keine machen. Die GEH würde den Prozess einleiten, sobald sie einen Kunden gefunden habe, erklärte er.

Harmonisierte Lizenzierungsverfahren nötig

Einen Einblick in die Lizenzierungsverfahren ausgewählter Länder gab Kristiina Söderholm von der finnischen Fortum, die sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit mit diesem Thema befasst. Die Anwesenden waren sich einig, dass das Verfahren verkürzt und international harmonisiert werden müsse. Eine vor Beginn des Lizenzierungsverfahrens bindende politische Zusage zu neuen Kernkraftwerken würde Unternehmen mehr Sicherheit bieten. Söderholm schwebt zudem vor, dass Module idealerweise nur einmal lizenziert werden müssten und nicht, wie es zurzeit in den USA der Fall ist, jedes Mal als Neubau betrachtet werden.

Finanzielle Tragbarkeit

Die SMR-Technologie unter wirtschaftlichen Aspekten beleuchtete Professor Prof. Marco Ricotti vom Politecnico di Milano. Er simuliert zusammen mit Kollegen die Effekte, die sich beim Bau und Betrieb mehrerer Module ergeben könnten. Im Vergleich zu Grossanlagen wäre das Risiko für Bauverzögerungen bei SMR gemäss Ricotti kleiner, da die Anlagen weniger komplex sind und die Vorzüge der modularen Bauweise aufweisen. Fertiggestellte Einheiten könnten beim Bau einer Anlage mit mehreren Modulen gestaffelt in Betrieb genommen werden, womit Investitionsspitzen abgefedert würden, führte Ricotti weiter aus. Den Abschluss machte Roger Garbil von der Europäischen Kommission, der den Teilnehmenden einen kurzen Überblick über die verschiedenen Bemühungen der EU im Bereich der Nuklearforschung gab.

Quelle

M.B.

Bleiben Sie auf dem Laufenden

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Zur Newsletter-Anmeldung

Profitieren Sie als Mitglied

Werden Sie Mitglied im grössten nuklearen Netzwerk der Schweiz!

Vorteile einer Mitgliedschaft