Solothurner Kantonsrat: Motion für eine Standesinitiative für eine kernenergieverträgliche Energie- und Steuergesetzgebung durch die Bundesversammlung

24. Jan. 2000

Motionstext:

Der Regierungsrat wird ersucht, dem Kantonsrat eine Standesinitiative gemäss Art. 93 Abs. 2 BV mit folgendem Inhalt zu unterbreiten:
Der Kantonsrat des Kantons Solothurn fordert die Bundesversammlung auf, im Rahmen bevorstehender Erlasse, welche die Kernenergie betreffen (Gegenvorschläge zu den hängigen Energieinitiativen, Förderabgabebeschluss, Elektrizitätsmarktgesetz, Kernenergiegesetz, ökologische Steuerreform) folgende Grundsätze zu berücksichtigen:

  1. Die Betriebsbewilligungen für Kernenergieanlagen haben sich primär nach den technischen Voraussetzungen der Betriebs- und Umweltsicherheit zu richten.
  2. Die Kernenergie-Forschung, vor allem in Bereichen der Betriebssicherheit, ist im bisherigen Rahmen weiter zu führen.
  3. Der Kernenergie sind im Zusammenhang mit der Strommarktöffnung die gleichen Rahmenbedingungen wie den anderen Energieträgern zu garantieren.
  4. Bei einer allfälligen Erhebung von zusätzlichen Abgaben oder Steuern auf Energie ist auf eine Diskriminierung der Kernenergie zu verzichten.


Begründung:

  1. Als Standortkanton des Kernkraftwerkes Gösgen-Däniken (KKG) ist der Kanton Solothurn interessiert, dass dieses im internationalen Vergleich hinsichtlich Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Stromproduktion an vorderster Stelle stehende Kraftwerk nicht aus rein ideologisch begründeten Motiven vorzeitig stillgelegt wird. Mit seinen rund 400 Arbeitsplätzen und seinem namhaften Steueraufkommen bildet das KKG einen wesentlichen Stützpfeiler der Wirtschaft des unteren Kantonsteils, der nicht leichtsinnig aufs Spiel gesetzt werden darf. In der kant. Volksabstimmung vom Dezember 1987 über die Einreichung einer Standesinitiative für die Stilllegung des KKG stimmten 73% der Stimmenden gegen dieses Begehren.
  2. Der Ausstieg aus der Kernenergie wurde vom Schweizer Stimmvolk bereits dreimal klar abgelehnt (1979, 1984 und 1990). Eine politisch motivierte Beschränkung der Lebensdauer oder eine massive Verschlechterung der Rahmenbedingungen etwa durch fiskalische Diskriminierung der Kernenergie steht im Widerspruch zu der von den Betreibern geforderten Konkurrenzfähigkeit in einem liberalisierten Strommarkt. Sie kommt einem schleichenden Ausstieg gleich und missachtet den bisherigen Volkswillen.
  3. Für eine umweltfreundliche schweizerische Stromversorgung ist die Kernenergie noch auf lange Sicht - trotz verstärkten Anstrengungen zur Förderung erneuerbarer Energien und rationeller Energienutzung - eine tragende Säule. Dies gilt auch für den Fall massivster Subventionenalternativer Energiekonzepte.
  4. Die vielfältigen Unsicherheiten im Bereich der zukünftigen Energieversorgung (z.B. Versorgungs- und Preisrisiken der fossilen Energien) lassen den Ausstieg aus der zuverlässigen Kernenergieproduktion nicht zu.
  5. Die heutigen und allenfalls künftigen Verpflichtungen der Staatengemeinschaft und der Schweiz im Bereich des Klimaschutzes lassen keine Entscheidungen zu, die den Weiterbetrieb der heutigen Kernkraftwerke politisch behindern und die Option Kernenergietechnologie preisgeben würden. Der umweltpolitische Handlungsspielraum würde auch aus lufthygienischer Sicht (Luftreinhalteverordnung) nachhaltig eingeschränkt. Das Bundesamt für Energie (BfE) bestätigt im Entwurf zum "Energiepolitischen Programm nach 2000" vom 29. März 1999, dass insbesondere eine Begrenzung der CO2-Emissionen nach dem Jahr 2010 mit der Erhaltung der heutigen Kernkraftwerkskapazität am einfachsten zu realisieren ist.
  6. Nach dem heutigen Stand des technischen Wissens können Kernkraftwerke westlicher Bauart mindestens fünfzig bis sechzig Jahre betrieben werden. Diese Erkenntnis stützt sich auf jüngste Erfahrungen in den USA und Japan, wo die ersten Gesuche für die Erstreckung der Betriebsbewilligungen eingereicht wurden. Mehrere europäische Länder sehen bereits längere Lebensdauern vor. Die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) bestätigt diese Entwicklung und sieht keine sicherheitstechnischen Gründe, weshalb die schweizerischen Kernkraftwerke nicht zwischen 10 und 20 Jahren über die ursprüngliche Auslegungsbasis von 40 Jahren hinaus betrieben werden können.
  7. Die schweizerischen Kernkraftwerke weisen nach Auffassung von nationalen und internationalen Experten dank kontinuierlicher Nachrüstung mit neuen Technologien einen hohen Sicherheitsstand auf. Die HSK kann gemäss ihrem Gutachten vom 19. Februar 1999 keine sicherheitstechnischen Gründe ausmachen, die "eine Festlegung konkreter Restbetriebszeiten rechtfertigen". Eine Beschränkung der Betriebsdauer der schweizerischen Kernkraftwerke durch die Politik entbehrt also jeglicher sicherheitstechnischen Notwendigkeit.

Quelle

Solothurner Kantonsrat

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