Steckdose statt Zapfsäule

So grün wie dieses Jahr war der Genfer Automobilsalon noch nie: 40 Neuheiten im Bereich alternativer Technologien werden am Autosalon präsentiert.

3. März 2011
Der Smart Fortwo Electric Drive ist mit einer Lithium-Ionen-Batterie ausgerüstet.
Der Smart Fortwo Electric Drive ist mit einer Lithium-Ionen-Batterie ausgerüstet.
Quelle: Geneva Palexpo

Der Trend hat sich bereits in den vergangenen zwei Jahren abgezeichnet: Elektromobilität wird von den Automobilherstellern ernst genommen. Neu am 81. Internationalen Automobilsalon in Genf, vom 3. bis 13. März 2011, ist die Fülle der Innovationen und die Aussicht, dass bald ein breiteres Publikum Elektromobile sowie Hybridfahrzeuge kaufen dürfte.

Unter den 170 Welt- und Europa-Premieren gibt es nicht weniger als 40, die den Bereich umweltfreundliche Autos betreffen – Neuheiten im Bereich alternative Technologien im Fokus. Rund 20 Aussteller, darunter Serienhersteller, Start-ups und wissenschaftliche Institute, stellen ihre neuesten Entwicklungen vor. Die Besucher erhalten zudem die Gelegenheit, die Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zu testen: Es handelt sich um Modelle der Marken Chevrolet, Mercedes, Mitsubishi, Nissan, Renault, Smart, Tata und Think von M-Way (Migros).

Elektromobilität dank Strom

Steckdose statt Zapfsäule, Elektromobilität dank Strom, so lautet das neue Credo. Verschiedene Experten betonen jedoch, dass die Entwicklung noch Zeit brauche. Das gilt insbesondere für die reinen Elektrofahrzeuge. So bereitet Volkswagen den Start ins elektrische Automobilzeitalter akribisch vor. Erst Ende 2013 soll der «Golf blue-e-motion» auf den Markt kommen. Der aktuelle Prototyp verfügt über eine Lithium-Batterie-Technik mit einer maximalen Reichweite von bis zu 150 km pro Stromladung. Anders als in der Vergangenheit soll das Elektroauto eine breite Käuferschaft ansprechen. Die Autobranche spricht in diesem Fall von einem echten Volumenfahrzeug.

Jürgen Leohold, Leiter Forschung des Volkswagen-Konzerns, setzt jedoch über die gesamte Produktepalette hinweg auf eine Reihe Massnahmen, um umweltfreundlichere Autos zu produzieren. So sieht Leohold das Potenzial in der Leichtbauweise noch nicht ausgeschöpft. Allerdings gibt es speziell hier – wie generell bei Elektrofahrzeugen – ein Preisproblem: Aluminium rechnet sich nur für Premium-Modelle; kohlenfaserverstärkte Kunststoffe kostet sogar das Zehnfache einer herkömmlichen Leichtbauweise.

Effizienzgewinne und neue Technologien beim Antrieb sind weitere wichtige Herausforderungen bei Volkswagen. «Der Strom hat eine grosse Zukunft», meinte Leohold kürzlich an einer Veranstaltung des Autoimporteurs AMAG. Die Fortschritte in der Batterietechnologie seien beträchtlich.

Auf Seiten der Umweltverbände wird moniert, dass der Energieaufwand für die Produktion ebenfalls gebührend in der Ökobilanz berücksichtigt werden müsse. Auch die in der europäischen Stromproduktion enthaltenen Kohlekraftwerke müssten einbezogen werden. Das sind offenbar Gründe, weshalb in der Auto-Umweltliste des Verkehrsclubs Schweiz (VCS) paradoxerweise kein reines Elektrofahrzeug unter den Top Ten figuriert. Allerdings wurde VCS-Autoexperte Kurt Egli vom Schweizer Fernsehen dahingehend zitiert, dass in erster Linie die grosse und schwere Batterie das Problem sei. Schliesslich führt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), im Interview gegenüber dem VCS-Magazin ganz praktische Gründe an: «Die Serien, die heute und in den nächsten Jahren angeboten werden, kommen im Winter auf eine Reichweite von 60 km.»

Geladen wird der Golf blue-e-motion über einen Stecker hinter dem klappbaren VW-Zeichen im Kühlergrill.
Geladen wird der Golf blue-e-motion über einen Stecker hinter dem klappbaren VW-Zeichen im Kühlergrill.
Quelle: Volkswagen

Schweizer Strommix nicht beachtet

Tatsächlich wurde der relevante Energieverbrauch der Heizung und Klimaanlage bislang oft als nebensächlich betrachtet. Und zum Argument, dass mit dem Schweizer Strommix die Elektrofahrzeuge besser dastehen würden, meint Resch wörtlich: «Das trifft zu. Aber um eine europäische Vergleichbarkeit zu haben, und um nicht in jedem Land die Fahrzeuge komplett anders auszeichnen zu müssen, sollten wir einen europäischen Strommix zugrunde legen. Dafür spricht auch, dass die nationalen Strommärkte mehr und mehr vernetzt werden.»

Gewissheit besteht darüber: Das Ende der Erdöl-Abhängigkeit steht nicht kurz bevor. Dorthin ist ein langer Weg. Im vergangenen Jahr wurden in der Schweiz nur gerade 198 Elektroautos zugelassen. Bei total 294'000 verkauften Autos beträgt der Anteil bloss 0,07%. Auch für dieses Jahr rechnet der Importeurverband Auto-Schweiz nicht mit dem grossen Durchbruch: Es sollten maximal 500 Elektro-Autos dazukommen. Branchenexperten sehen neben der weiterhin nicht ausgereiften Technik im hohen Preis eine Hürde.

Ziel: 40% des Treibstoffes ersetzen

Die Entwicklung von Antrieben, die von fossilen Treibstoffen unabhängig sind gilt in der Automobilindustrie als zentrale Herausforderung. Im Markt dürften zwar weiterhin die Hybridmodelle hohe Zuwachsraten erhalten. Längerfristig jedoch wird das reine Elektromobil zu einer echten Alternative.

Konkret: Im Jahr 2030 könnten Biotreibstoffe und Elektromobilität 41% des in der Schweiz benötigten Treibstoffs ersetzen, wie eine Studie des Zentrums für Technologiefolgen-Abschätzung (TA-Swiss) vorrechnet. Eine von mehreren Voraussetzungen für dieses Szenario ist, dass die Fahrzeuge im Durchschnitt nur noch vier Liter Treibstoff auf 100 km verbrauchen. Und: Genügend verfügbarer sowie bezahlbarer Strom!

Quelle

Hans Peter Arnold

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