Tau-Neutrino im Opera-Experiment vermutlich nachgewiesen

Ende Mai 2010 konnte im Opera-Detektor im italienischen Gran Sasso höchst wahrscheinlich ein erstes Tau-Neutrino nachgewiesen werden. Dies gelang mit Hilfe eines grenzüberschreitenden Experiments, bei dem über drei Jahre lang ein Neutrinostrahl 732 km weit durch das Erdinnere geschickt wurde.

4. Juni 2010
Opera
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Quelle: Der Detektor des Opera-Experiments zeichnet die Verfallsspuren von Myonen auf, die aus den extrem seltenen Neutrinowechselwirkungen entstehen.

Mehrere am Opera-Experiment beteiligte Organisationen – darunter das Europäische Kernforschungszentrum Cern in Genf und das Istituto Nazionale di Fisica Nucleare (INFN) in Italien – teilten mit, dass sie mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit das Tau-Neutrino nachgewiesen haben. Für diesen Nachweis wurde 1997 das Opera-Projekt ins Leben gerufen, mit dem die sogenannte Neutrino-Oszillation, die Umwandlung eines Myon-Neutrinos in ein Tau-Neutrino, erstmals direkt beobachtet werden soll.

Reise durch die Erdkruste

Das Experiment ist auf fünf Jahre angelegt und begann 2006. «Messdaten liegen uns aber erst seit 2008 vor» erklärte der ETH-Physiker Andreas Badertscher, der am Experiment im Gran Sasso in den italienischen Abruzzen beteiligt ist. Dort ist der fast 5000 t schwere Detektor installiert, der vom Cern eintreffende Neutrinos nachweist. 732 km haben die Neutrinos, die die Reise durch die Erdkruste in 2,4 Millisekunden zurücklegen, bis dahin hinter sich gebracht.

Auf diesem Weg sollen sich einige Myon-Neutrinos in Tau-Neutrinos verwandeln. Dies schloss man daraus, dass bisher zwischen der Anzahl Neutrinos, die beispielsweise von einem Beschleuniger ausgesendet wurden, und diejenigen, die ein entfernt installierter Detektor aufzeichnet, eine Diskrepanz herrschte. Als Erklärung galt die Umwandlung von Myon-Neutrinos in Tau-Neutrinos.

Zehn Teilchen in fünf Jahren

Dass Neutrinos eines bestimmten Typs verschwinden können, konnte mit sogenannten Disappearance-Experimenten bereits bewiesen werden. Die Wissenschafter vermuteten deshalb, dass ein bestimmter Neutrinotyp in einen anderen umgewandelt wird. Sie bezeichnen diesen Vorgang als Neutrino-Oszillation. Das durch die Umwandlung entstandene Neutrino konnte aber bisher nie direkt nachgewiesen werden.

Das Opera-Projekt, ein sogenanntes Appearance-Experiment, ist das erste und bisher einzige Projekt, mit dem durch Neutrino-Oszillation neu entstehende Neutrinos nun höchstwahrscheinlich nachgewiesen wurden – eine Entdeckung, die an die Suche einer Nadel im Heuhaufen erinnert, denn nach den Abschätzungen der Physiker sollen im Gran-Sasso-Laboratorium in fünf Jahren nur etwa zehn Tau-Neutrinos gefunden werden. «Dies ist ein wichtiger Schritt für die Neutrino-Physik», erklärte Rolf Heuer, Generaldirektor des Cern. «Wir sind alle gespannt auf die neuen physikalischen Erkenntnisse, die diesem Ergebnis folgen werden.»

Neue Physik entdecken

Bis anhin seien erst wenige der erfassten Daten analysiert worden. Die Physiker sind aber überzeugt, dass es sich bei dem beobachteten Ereignis um eine Tau-Neutrino Reaktion handelt: «Die von uns analysierten Daten erlauben eigentlich kaum eine andere Interpretation. Um aber die Neutrino-Oszillations Hypothese zu etablieren, müssen weitere solche Ereignisse gefunden werden», sagte Badertscher.

Den drei Neutrino-«Generationen» ist man seit den Fünfzigerjahren Jahren auf der Spur. Bis vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass Neutrinos masselos und stabil sind. Erst Ende der 90er-Jahre hat man entdeckt, dass sich eine Neutrinoart in eine andere umwandeln kann, was nur möglich ist, wenn nicht alle Neutrinoarten masselos sind. Andere Experimente, wie das T2K- Experiment am neuen J-PARC Beschleuniger in Japan, haben vor Kurzem mit ersten Messungen begonnen, mit denen das Elektron-Neutrino aus der Umwandlung eines Myon-Neutrinos nachgewiesen werden soll.

Quelle

M.A. nach ETH life, Cern, INFN und Opera, Medienmitteilungen, 31. Mai 2010

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