Ukraine: IAEO nimmt Augenschein in Saporoschje und wird bleiben

Trotz heftigen Beschusses konnte ein Expertenteam der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) einen ersten Augenschein im ukrainischen Kernkraftwerk Saporoschje in der Südukraine nehmen. Laut IAEO-Generaldirektor Raffael Mariano Grossi wird das Gesehene noch analysiert. Um verlässlichere Informationen zu erhalten und im Versuch eine bessere Situation zu schaffen, werde die IAEO eine ständige Präsenz in der Anlage einrichten.

2. Sep. 2022
IAEO-Mission in Saporoschje
Der IAEO-Generaldirektor Grossi und sein Expertenteam nehmen einen Augenschein vor Ort im durch Russland besetzten ukrainischen Kernkraftwerk Saporoschje.
Quelle: «IAEA Support and Assistance Mission to Zaporizhzhya (zap016)», CC BY 2.0, IAEO via Flickr

Am 1. September 2022 ist der Konvoi mit den IAEO-Experten unter der Leitung von Generaldirektor Raffael Mariano Grossi im Kernkraftwerk Saporoschje eingetroffen. Dies mit mehrstündiger Verspätung und trotz heftigen Beschusses, den Grossi als «sehr beunruhigend» einstufte. Das grösste Kernkraftwerk Europas steht unter Besatzung durch russische Streitkräfte und wird durch ukrainisches Personal betrieben.

Bereits in der Vergangenheit wurde das Kernkraftwerksgelände mehrmals beschossen. Russland und die Ukraine machten sich jeweils gegenseitig dafür verantwortlich. Die IAEO stufte solche Ereignisse, die es zu vermeiden gelte, als völlig inakzeptabel ein. Die unklare Situation und die mehrfache Verletzung von Grundsätzen der nuklearen Sicherheit gaben Anlass zu einer IAEO-Mission zur Durchführung von Sicherheits-, Sicherungs- und Überwachungsmassnahmen am Standort Saporoschje.

Grossi konnte nun während der Mission mit ukrainischem Personal reden, das sich in einer schwierigen Situation befinde, aber ein unglaubliches Mass an Professionalität an den Tag lege. Er äusserte sich: «Die IAEO ist jetzt da. Sie ist in der Anlage und wird sich nicht wegbewegen. Sie wird dortbleiben.» Vorerst werde eine Gruppe von Inspektoren bis Samstag oder Montag im Kernkraftwerk vor Ort bleiben, um die Bewertung fortzusetzen und «bestimmte Sachverhalt weiter zu vertiefen».

«Wir richten auch eine ständige Präsenz in der Anlage ein, in der Hoffnung, dass sie uns auch weiterhin eine unparteiische, neutrale und fachlich fundierte Bewertung der Vorgänge in der Anlage liefern können», sagte Grossi. Eine konkrete Schlussfolgerung zum Zustand des Kernkraftwerks zog er nicht. Er merkte aber an, dass es offensichtlich sei, dass die Anlage und ihre physische Unversehrtheit mehrfach beeinträchtigt worden seien, und «das ist etwas, was nicht weiter passieren darf». «Wir haben jetzt viel Arbeit mit der Analyse einiger technischer Aspekte des von uns Gesehenen», so Grossi, der sich bald in einer Pressekonferenz äussern wird.

Kritische Stimmen zum Wahrheitsgehalt von Informationen
Gemäss der unabhängigen Nachrichtenagentur NucNet habe der staatlich-ukrainische Betreiber Energoatom erklärt, dass «russische Beamte alles tun würden, um zu verhindern, dass die IAEO-Mission den tatsächlichen Stand der Dinge in der von Russland gehaltenen Anlage erfährt». Auch habe der Betreiber auf seinem Telegram-Kanal eine Erklärung veröffentlicht, die den Russen vorhalte, manipulative und falsche Informationen über den IAEO-Besuch zu verbreiten.

Kritische Stimmen, die Infrage stellten, ob die Russen den IAEO-Inspektoren wirklich aussagekräftige Einblicke in die Vorgänge im Kernkraftwerk geben würden, gab es auch von Medienseite her vor dem Augenschein. Grossi antwortete darauf: «Wir sind ein Team von sehr erfahrenen Leuten in den Bereichen Überwachung, Sicherheit und Sicherung und wir werden eine ziemlich gute Vorstellung davon haben, was vor sich geht.»

Weiterer Reaktor zeitweise abgeschaltet
Laut Angaben von Energoatom habe es früh am Donnerstagmorgen, 1. September 2022, erneut einen Mörserbeschuss seitens Russland auf dem Gelände des Kernkraftwerks Saporoschje gegeben, worauf der Notfallschutz aktiviert worden sei und sich auch Block 5 abgeschaltet habe. Gemäss Telegram-Mitteilung von Energoatom vom 2. September ist Block 5 inzwischen aber wieder am Netz.

Quelle

B.G. nach NucNet, 2. September 2022

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