VSE: beschwerlicher Weg in die Stromzukunft

Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) hat am 12. Juni 2012 seine Studie «Wege in die neue Stromzukunft» vorgestellt. Die drei Szenarien zeigen, dass eine Schweizer Stromversorgung ohne Gaskombikraftwerke und ohne Importe von nicht erneuerbarer Energie nur mit sehr grossen Anstrengungen beim Stromsparen und mit drastischen Massnahmen möglich wäre.

14. Juni 2012

Der VSE entwickelte mit 50 Branchenvertretern im Rahmen der Studie «Wege in die neue Stromzukunft» drei Szenarien, die sich hinsichtlich politischer Weichenstellung und gesellschaftlicher Akzeptanz unterscheiden. Es ging um die Frage, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Konsequenzen eine Stromversorgung ohne Ersatz der heutigen Kernkraftwerke realisiert werden kann.

Kein Sonntagsspaziergang

Egal, welches Szenario man wählt: der Weg in die Stromzukunft werde kein Spaziergang sein. Niklaus Zepf, Leiter des Steuerungsausschusses der Studie, verglich Szenario 1 mit einer Bergwanderung, die ins Schwitzen bringt. Das Szenario 1 geht zwar von verstärkten Vorschriften für Stromeffizienz und Förderung erneuerbarer Energien aus, rechnet aber mit einem weiter steigenden Strombedarf. Die Folge: Ein Viertel der Energie müsste weiterhin importiert werden und der Ausstieg aus der Kernenergie würde nur mit sieben bis acht Gaskombikraftwerken sowie, wo sinnvoll, Wärmekraftkopplungsanlagen gelingen. Zudem stiegen die Gesamtkosten für Stromerzeugung und Netze bis 2050 gegenüber heute auf CHF 118 Mrd., was einer Kostensteigerung von rund 30% entspreche.

Szenario 2 – «anspruchsvoller Alpinwanderweg, der viel abverlangt und bei dem einige harte Entscheidungen zu treffen sind» – geht von einem stärkeren Willen zum Energiesparen aus, inklusive energetischer Lenkung über hohe Verbrauchssteuern. Bis 2050 würden 70% der Energie aus erneuerbaren Formen entstehen, zum Beispiel mit knapp 1000 Windkraftwerken, 8 Wasserkraftwerken der Grösse des Kraftwerks Rheinfelden und 7000 Photovoltaikanlagen in der Grösse der Einheit auf dem Stade de Suisse in Bern. Trotzdem würden vier bis fünf Gaskombikraftwerke und, wo sinnvoll, Wärmekraftkopplungsanlagen notwendig sein. Das ganze Investitionspaket würde die Kosten um 45% auf CHF 135 Mrd. steigen lassen.

Szenario 3 ist der radikalste Umbau. Verglichen hat ihn Zepf mit einer «schwierigen Klettertour, auf die man sich lange und mit absolutem Fokus vorbereiten muss bei grossem Verzicht und Durchhaltevermögen». Der Stromverbrauch ginge unter anderem dank hoher Lenkungsabgaben um 7% zurück. Es würde massiv in erneuerbare Energien investiert, zum Beispiel mit 1250 Windkraftwerken, 10 Wasserkraftwerken der Grösse des Kraftwerks Rheinfelden und Photovoltaikanlagen, die 11'500 Mal derjenigen auf dem Stade de Suisse entsprächen. Die Gesamtkosten steigen um 75% auf CHF 150 Mrd. Dafür braucht dieses Szenario keine Gaskombikraftwerke und importiert werde ausschliesslich Strom aus erneuerbarer Energie – bis 2035 rund 30%, danach sänke der Importanteil.

Fazit

In seinen Schlussfolgerungen führte Zepf sechs Punkte auf:

  1. Eine Stabilisierung des Stromverbrauchs benötigt grosse Anstrengungen in der Energieeffizienz sowie die Akzeptanz aller Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
  2. Zusätzliche erneuerbare Energien dürften künftig einen bedeutenden Beitrag an die Stromversorgung leisten – aber erst nach 2035.
  3. Importe und Gaskraftwerke sind neben den bestehenden Kernkraftwerken – je nach Szenario in unterschiedlichem Masse – trotzdem notwendig.
  4. Zielkonflikte in der Umwelt: Entweder werden Landschafts- und Ortsbild belastet oder es entstehen zusätzliche CO2-Emissionen.
  5. Bis 2050 müssen zwischen CHF 118 und 150 Mrd. in Produktion und Netze investiert werden. Bis 2035 sind es über 70 Mrd.
  6. Die Strompreise steigen substanziell, zwischen 30% und 75%.

Aufgrund der Tiefe der Untersuchungen und der Abklärungen sei sich der VSE sicher, dass alle drei Szenarien von technischer Seite her machbar seien, erklärte Kurt Rohrbach, VSE-Präsident. Die technische Machbarkeit sei allerdings nur ein Aspekt. Der gewählte Weg müsse auch aus wirtschaftlicher und sozialer Sicht gangbar sein.

Quelle

M.A. nach VSE, Medienmitteilung und Dokumentation, 12. Juni 2012

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