Wertanstieg in Betrieb stehender Kernkraftwerke

Ein neuer Bericht der beiden amerikanischen Beratungsgesellschaften Arthur Andersen und Cambridge Energy Research Associates bestätigt, dass der Marktwert der in Betrieb stehenden Kernkraftwerke – und im Übrigen auch derjenige der Kohlekraftwerke – ansteigt.

25. Sep. 2000

Der Bericht bezieht sich auf zehn Kernkraftwerke, die in den USA, wo seit Beginn der Deregulierung ein eigentlicher Markt besteht, die Hand gewechselt haben oder zum Verkauf angeboten sind. Die bekannt gegebenen Preise pro Leistungseinheit zeigten eine deutlich steigende Tendenz von unter 100 US$/kW auf mehr als 500 US$/kW. Laut den Analysten ist der Anstieg das Ergebnis höherer erwarteter Produktivität. Auch würden die nicht amortisierbaren Investitionskosten heute wesentlich tiefer eingeschätzt als noch vor kurzem.
In einer weiteren Untersuchung von Day, Berry & Howard wird auf die bessere Berechenbarkeit der Stilllegungskosten hingewiesen: Die Erwerber seien jetzt sicherer, dass der Abbruch und die Beseitigung machbar seien und die möglichen Kosten durch die geäufneten Rückstellungen gedeckt wären.
Diese Erfahrungen bestätigen eine Bestandesaufnahme des Committee for Technical and Economic Studies on Nuclear Energy Development and the Fuel Cycle der OECD Nuclear Energy Agency (NEA), die in einem Bericht eine erste Bilanz über die Erfahrungen mit der Strommarktliberalisierung im Nuklearsektor gezogen hat. Die OECD-NEA-Experten kommen zum Schluss, die Deregulierung wirke sich für die in Betrieb stehenden Kernkraftwerke in der Regel günstig aus: Der Konkurrenzdruck habe in den betrachteten Fällen meistens zu höherer Effizienz, Leistungssteigerung und besserer Verfügbarkeit geführt. Ausgehend von den heutigen Produktionskosten sollte daher eine grosse Zahl Kernkraftwerke auf dem offenen Strommarkt gut dastehen. Massgebend seien die Grenzkosten, das heisst die Summe aus den eigentlichen Erzeugungskosten und den Auslagen für die Instandhaltung. Die Anfangsinvestitionen dagegen seien nicht entscheidend.
Gemäss OECD-NEA-Bericht begünstigt der wirtschaftliche Druck Projekte zum Werterhalt bestehender Anlagen und zur Lebensdauerverlängerung gegenüber dem Neubau von Kraftwerken. Die Sicherheit bleibe offenbar das erste Anliegen der Betreiber, da sie sonst die Verfügung von Abschaltungen gewärtigen müssten. Das Beispiel Grossbritannien zeige, dass zwischen einem wirtschaftlichen und einem sicheren Betrieb kein Konflikt bestehe. Die Marktöffnung fördere auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit oder sogar die Fusion von Betreibern, um eine optimale Unternehmensgrösse zu erreichen und die Konkurrenzfähigkeit auf dem Grundlastmarkt zu verbessern. Dies belegten zahlreiche Beispiele.
Die OECD-NEA-Experten vermuten, dass der wirtschaftliche Druck der internationalen Zusammenarbeit bei der Entsorgung wieder Aufschwung verleihen wird. Die von den Betreibern geförderte Forschung werde künftig vermehrt auf Projekte fokussiert, die eine betriebliche Effizienzsteigerung versprächen. Skeptisch sind die Experten hingegen bezüglich neuer Kernkraftwerke. Solche Projekte würden jetzt noch stärker von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und einem stabilen Bewilligungsumfeld abhängen, die von Land zu Land sehr verschieden seien. Im Vergleich zu Gaskraftwerken würden Kernkraftwerke im heutigen Konkurrenzumfeld oft als wenig attraktiv betrachtet; hinzu käme die mangelnde Akzeptanz durch die Öffentlichkeit. Dies werde sich erst ändern, wenn die Umweltvorteile mehr Gewicht erhielten und gar die externen Kosten bei allen Energiequellen internalisiert würden.

Quelle

P.B. nach NucNet, 27. September 2000, Mitteilung des Nuclear Energy Institute, 26. September, und OECD-NEA "Nuclear Power in Competitive Electricity Markets", ISBN 92-64-18262-4

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