Wien: Gemeinden mit kerntechnischen Anlagen weltweit tauschen Erfahrungen aus

In Wien haben sich 80 Vertreterinnen und Vertreter von Gemeinden mit zivilen kerntechnischen Anlagen aus 26 Nationen über Herausforderungen und Chancen als Standorte bestehender und zukünftiger Anlagen ausgetauscht. Das von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) organisierte Treffen fand unter Beteiligung einer Schweizer Delegation vom 31. Oktober bis 4. November 2022 statt.

14. Nov. 2022
Gruppenbild der Gemeindevertreter von Standorten mit Nuklearanlagen
Am IAEO-Hauptsitz in Wien haben Teilnehmende des Technischen Treffens von Gemeinden mit kerntechnischen Anlagen ihre Erfahrungen ausgetauscht. Auch die Schweiz war mit einer Delegation vertreten.
Quelle: GMF Europe

«Ziel des Technischen Treffens ist es, eine Gelegenheit zum Dialog zwischen und mit Vertretern von Gemeinden mit kerntechnischen Anlagen, einschliesslich Abfalldeponien, Uranabbaustätten und Altlastensanierungsstandorten, zu bieten», schrieb die IAEO. Zudem gehe es darum «das Bewusstsein für den Erfahrungsaustausch und diesen selbst über Themen zu fördern, die für Interessengruppen auf lokaler Ebene von Interesse sind». Der Austausch richtete sich an Gemeindebehörden, lokale Medien und NGO in Gemeinden, in denen sich kerntechnische Anlagen befinden. «Um einen effektiven Erfahrungsaustausch zu ermöglichen und zu fördern», habe man auch «wichtige nationale Organisationen, die für kerntechnische Anlagen zuständig sind», sowie «Organisationen, die an Aktivitäten zum Einbezug von Interessensgruppen beteiligt sind», eingeladen.

Gemäss BFE bestand die Schweizer Delegation somit aus Vertretenden des Bundesamtes für Energie (BFE), der Nagra sowie der Gemeinderäte von Stadel (ZH), Weiach (ZH) und Würenlingen (AG). Im September 2022 hat die Nagra in diesen drei Gemeinden Anlagen für das Schweizer geologische Tiefenlager für radioaktive Abfälle vorgeschlagen – mit Nördlich Lägern als mögliche Standortregion für das Tiefenlager und Würenlingen als möglichen Standort für die Verpackungsanlage.

«Das BFE betonte in einem gemeinsamen Beitrag mit den Gemeindevertretenden, wie wichtig es ist, die lokalen Akteure im Sachplan geologische Tiefenlager einzubeziehen. Der Input der Nagra beleuchtete deren Kommunikationsstrategie im Zusammenhang mit der kürzlichen Standortankündigung und die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit den betroffenen Gemeinden diesbezüglich», so das BFE. Die Schweizer Beiträge seien auf grosses Interesse gestossen und es habe dazu ausführliche Fragen und engagierte Diskussionen gegeben.

Im Vorfeld hatte die IAEO bereits kommuniziert, dass sich das Treffen «auch auf die Interaktion zwischen weniger erfahrenen und erfahreneren lokalen Gemeinschaften und Organisationen konzentrieren wird, wodurch ein Beitrag zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Behörden, Regulierungsbehörden und Betreibern geleistet wird». In Bezug auf diese «völlig unterschiedliche Ausgangslage» merkte das BFE an: «Afrikanische Länder wie Kenia, Nigeria und Uganda stehen ganz am Anfang einer möglichen Kernenergienutzung und suchen oder evaluieren Standorte für erste Kernkraftwerke. Westliche Nationen wie Belgien, Holland, Kanada, Schweden oder die Vereinigten Staaten von Amerika hingegen sind im Zusammenhang mit der Entsorgung radioaktiver Abfälle mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert wie die Schweiz.»

Standortgemeinden organisieren sich in gemeinnützigen Vereinigungen
Gemeinden mit kerntechnischen Anlagen haben sich nicht nur in Europa, sondern auch in den USA und in Kanada zu gemeinnützigen Vereinigungen zusammengeschlossen: Es gibt die Group of European Municipalities with Nuclear Facilities (GMF Europe), die Energy Communities Alliance (ECA) und die Canadian Association of Nuclear Host Communities (CANHC). Am Rande des Treffens in Wien haben diese Vereinigungen beschlossen, zukünftig enger zusammenzuarbeiten.

Vertreter dieser Organisationen zogen ihr Fazit zum Treffen. Adrian Forster, Bürgermeister von Clarington in der kanadischen Provinz Ontario und Vorsitzender des CANHC, erklärte: «Zu den Ergebnissen des gemeinsamen Dialogs gehört die Erkenntnis, dass die derzeitige und künftige Nuklearindustrie voll und ganz von der Unterstützung durch bereitwillige lokale Standortgemeinden abhängt. Daher wird von den Betreibern von Kernkraftwerken und der nuklearen Versorgungskette erwartet, dass sie die Gemeinden vor Ort sinnvoll unterstützen.»

Pia Almström, Bürgermeisterin von Kävlinge in Schweden und Präsidentin von GMF Europe, sagte: «Ein offenes und transparentes Herantreten an die Gemeinden ist der Schlüssel, um sie in einen langfristigen Dialog einzubinden. GMF, ECA und CANHC sind der IAEO und ihrer Führung dankbar, dass sie ein Forum geschaffen haben, um Gemeinden zusammenzubringen und Erfahrungen zu Themen auszutauschen, die für die derzeitigen und geplanten Gastgemeinden von Kernkraftwerken von Interesse sind.»

Die IAEO erhofft sich vom Treffen, dass «die gesammelten Beiträge und Erfahrungen in die Entwicklung und Umsetzung von Stakeholder-Strategien und Kommunikationsplänen in den IAEO-Mitgliedstaaten einfliessen».

Quelle

B.G. nach IAEO, Ankündigung des Treffens, sowie BFE, Artikel in Energeia plus, 7. November 2022, und GMF Europe, Konferenzbericht, 3. November 2022

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