Entsorgung in Deutschland: neues Finanzierungskonzept vorgeschlagen

Die Betreiber der deutschen Kernkraftwerke sollen EUR 23,3 Mrd. in einen staatlichen Fonds einzahlen, um die Kosten für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle zu decken. Dies schlägt die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) vor.

2. Mai 2016

Die Bundesregierung hatte Mitte Oktober 2015 die KFK als Expertenkommission mit dem Auftrag eingesetzt, Empfehlungen zu erarbeiten, wie die Finanzierung von Stilllegung, Rückbau und Entsorgung gesichert werden kann.

Die Betreiber der deutschen Kernkraftwerke haben laut deutschem Atomgesetz uneingeschränkt sämtliche Kosten des Rückbaus der Kernkraftwerke und der Entsorgung der radioaktiven Abfälle zu tragen. Um diese Kosten bewältigen zu können, sind die verantwortlichen Energieversorgungsunternehmen gesetzlich verpflichtet, jährlich Rückstellungen zu bilden. Ende 2014 betrugen diese insgesamt EUR 38,3 Mrd. (CHF 42,0 Mrd.). Ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in Auftrag gegebenes Gutachten zur Überprüfung der Kernenergie-Rückstellungen kam zum Schluss, dass die Energieversorgungsunternehmen in der Lage seien, die Kosten für den Rückbau und die Entsorgung von insgesamt geschätzten EUR 47,5 Mrd. (CHF 51,0 Mrd.) zu tragen.

Geteilte Verantwortung

Die KFK schlägt in ihrem Bericht nun vor, die bisherigen Rückstellungen der Betreiber für die Stilllegung im Umfang von EUR 19,8 Mrd. (CHF 21,7 Mrd.) bei den Unternehmen zu belassen. Sie verbleiben also verantwortlich und unbeschränkt haftbar für Stilllegung, Rückbau und Verpackung des radioaktiven Abfall. Zudem soll das bisherige Wahlrecht zwischen sicherem Einschluss und direktem Rückbau abgeschafft und der direkte Rückbau verbindlich vorgeschrieben werden.

Die finanzielle Sicherung für Standortwahl, Bau, Betrieb und Stilllegung der Zwischen- und Endlager hingegen soll laut KFK-Empfehlung dem Staat übertragen werden. Die Unternehmen müssten dafür bis 2022 EUR 23,3 Mrd. (CHF 25,6 Mrd.) in einen öffentlich-rechtlichen Fonds einbringen. Dieser Betrag würde sich aus den bisherigen Rückstellungen für die Entsorgung von EUR 17,2 Mrd. (CHF 18,9 Mrd.) und einem Risikozuschlag von rund 35% – also EUR 6,1 Mrd. (CHF 6,7 Mrd.) – zusammensetzen. Mit der schrittweisen Zahlung des Risikozuschlags würden die Betreiber «enthaftet». Schliesslich empfiehlt die Kommission, dass die mit der nuklearen Entsorgung im Zusammenhang stehenden Klagen von den Unternehmen fallengelassen werden.

Das BMWi erklärte, es werde jetzt in einem nächsten Schritt den Bericht der KFK prüfen und mit den fachlichen betroffenen Ressorts der Bundesregierung klären, welche Massnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen getroffen werden sollen.

Betreiber: Vorschlag inakzeptabel

Die Kommission bezeichnete ihren Vorschlag zur langfristigen Finanzierung des Atomausstiegs als fairen Kompromiss für Steuerzahler und Konzerne. In einer ersten Stellungnahme teilen die EnBW, E.On, RWE und Vattenfall als betroffene Energieunternehmen diese Meinung nicht, denn sie würden mit einem hohen Risikoaufschlag «über ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinaus» belastet. Aus Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern, Kunden und Eigentümern könnten sie eine solche Regelung nicht akzeptieren. Vor einer abschliessenden Bewertung wollen die Unternehmen die Unterlagen noch eingehend analysieren. Sie betonten, dass sie «selbstverständlich zu ihren Verpflichtungen für die Abwicklung der Kernenergie stehen». Die Zwischen- und Endlagerung in Deutschland sei jedoch eine operative Aufgabe des Staates, der dafür auch die politische Verantwortung trage.

Quelle

M.A. nach BMWi, EnBW, E.On, RWE und Vattenfall, Medienmitteilungen, 27. April 2016, sowie KFK-Bericht, und Warth & Klein Grant Thornton, Gutachtliche Stellungnahme zur Bewertung der Rückstellungen im Kernenergiebereich, 9. Oktober 2015

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