Tschechische Republik: weitere Schritte zum Bau eines neuen Kernkraftwerks

Die tschechische Regierung hat Vereinbarungen mit der mehrheitlich staatseigenen Stromerzeugerin Skupina CEZ a.s genehmigt, mit denen der Rahmen für den Bau eines neuen Kernkraftwerks am Standort Dukovany festgelegt wird.

4. Mai 2020

Die tschechische Regierung, die 70% der CEZ besitzt, führt seit einiger Zeit mit der Energieversorgerin Gespräche darüber, wie die Nutzung der Kernenergie ausgebaut und die alternden Kernkraftwerkseinheiten ersetzt werden könnten, die in den kommenden Jahrzehnten endgültig abgeschaltet werden sollen.

Die CEZ stellte am 25. März 2020 bei der Nuklearaufsichtsbehörde SUJB einen Baubewilligungsantrag für zwei neue Kernkraftwerkseinheiten am Standort Dukovany. Dort sind zwei WWER-440-Einheiten in Betrieb. «Nach dem heutigen Regierungstreffen sind die gegenseitigen Beziehungen zwischen dem Staat und dem Investor des neuen Kernkraftwerks klar; das heisst: Das bestehende Kraftwerk in Dukovany ist nach 60 Betriebsjahren zu ersetzen», erklärte das tschechische Ministerium für Industrie und Handel am 27. April 2020. «Die Regierung und die CEZ werden Mitte dieses Jahres Vereinbarungen über das Projekt unterzeichnen, und bis Ende des Jahres wird eine Ausschreibung zur Auswahl eines Reaktorlieferanten veröffentlicht», fügte es hinzu.

Die beiden Vereinbarungen, welche die Regierung mit der CEZ und ihrer Tochtergesellschaft Elektrarna Dukovany II unterzeichnen wird, decken den Rahmen und die Umsetzung des Bauprojekts ab. Die erste wurde im Sommer letzten Jahres vorbereitet und umfasst die Zusammenarbeit und den Bau «von der Ausschreibung bis zum Betrieb», sagte das Ministerium. Die zweite betrifft die Zusammenarbeit beim Bau eines neuen Kernkraftwerks in Dukovany. «Der Staat braucht die Gewissheit, dass alles unabhängig von äusseren Bedingungen termingerecht abgeschlossen wird. Die Verträge, welche der Regierung bis zum 30. Juni zur Genehmigung vorgelegt werden sollen, sehen dies vor», hiess es.

Neues CO2-Gesetz

«Wir müssen energieautark sein und gleichzeitig die sinkende Kohleverstromung und die Anforderungen der Europäischen Union an die CO2-Neutralität berücksichtigen», erklärte der stellvertretende Ministerpräsident und Minister für Industrie, Handel und Verkehr Karel Havlicek. Er betonte, dass dies keineswegs bedeute, dass der Staat die Geschäftsrisiken oder zusätzliche Kosten für eine schlechte Leitung des Bauprojekts tragen werde. «Wir brauchen klare Garantien. Aus diesem Grund wird unter anderem ein neues Gesetz zum Übergang zu kohlenstoffarmer Energie geschaffen.» Damit erhalte der Staat die Kontrolle über alle wichtigen Entscheide im Zusammenhang mit neuen nuklearen Ressourcen.

Das neue Gesetz zum Übergang zu kohlenstoffarmer Energie, das bereits ausgearbeitet ist, hat zum Ziel, dem Staat den Bau eines Kernkraftwerks zu ermöglichen. Festgelegt sind Datum der Inbetriebnahme der neuen Einheit, Produktionsvolumen und Kaufpreis. Der Staat soll den Strom zu einem vorher vereinbarten Preis kaufen und ihn dann an der Strombörse mit Gewinn oder Verlust verkaufen. Das Ministerium für Industrie und Handel erhielt die Aufgabe, den Gesetzentwurf bis zum 30. Juni bei der Regierung einzureichen.

Finanzierung

Die Regierung muss bis zum 31. Mai 2020 einen Vorschlag für ein Finanzierungsmodell der neuen Einheiten ausarbeiten. Dabei dürfen die Investitionen in die Kernenergie die Verbraucherstrompreise nicht erhöhen. «Leider tendiert die Europäische Union dazu, die Kernenergie von den sogenannten nachhaltigen Investitionen auszuschliessen. Das bedeutet, dass die europäischen Banken kaum bereit sind, neue nukleare Ressourcen zu finanzieren, was den Preis für Kredite erhöht», sagte Havlicek. Er fügte hinzu: «Natürlich bemühen wir uns, dass Europa dies und die unterschiedlichen natürlichen Voraussetzungen der verschiedenen Länder berücksichtigt. Für die Tschechische Republik wollen wir logischerweise, dass zinsgünstigen Kredite ebenfalls für die Kernenergie gelten und nicht nur für erneuerbare Energiequellen. Dies wird zu angemessenen Strompreisen für unsere Bürger führen. Wir wollen keine Kredite mit hohen Zinssätzen.»

Laut Daniel Benes, CEO der CEZ, soll bis Ende des Jahres die Ausschreibung für ein neues Kernkraftwerk lanciert und der Reaktorlieferant bis Ende 2022 ausgewählt sein. Anschliessend werden detaillierte Vertragsdokumentationen einschliesslich der Bestätigung der Lieferkette ausgehandelt. Bis 2024 könnten die Verträge unterzeichnet und weitere Schritte – wie die Erlangung der Baugenehmigung – unternommen werden.

Grüner Deal der EU

Die Tschechische Republik hat nicht nur im Zusammenhang mit der Vorbereitung zum Bau eines neuen Kernkraftwerks Einwände gegen das am 11. Dezember 2019 vorgestellte Konzept des Grünen Deals der EU erhoben. Havlíček ist der Ansicht, dass die Massnahmen des Grünen Deals nicht zulasten der tschechischen Wirtschaft gehen dürfen. Er sagte, dass im Zusammenhang mit der CO2-Neutralität ein schrittweiser Übergang sowie die absolute Unabhängigkeit der Länder beim Entscheid über Energiequellen und deren Finanzierung erforderlich seien. Die Tschechische Republik besteht laut Havlíček weiterhin darauf, die Kernenergie als umweltfreundliche Investition zu betrachten. Sie stosse keine CO2-Emissionen aus, was das Ziel sowohl der Tschechischen Republik als auch der Europäischen Union sei. Darüber hinaus sei der Bau neuer Kernkraftwerke ein strategisches Projekt der Tschechischen Republik, das die Sicherheitsinteressen des Staates respektieren müsse.

Quelle

M.A. nach tschechischem Ministerium für Industrie und Handel, Medienmitteilung, 27. April 2020

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