UK: Nuklearindustrie fordert gerechte Besteuerung von CO2-Emissionen

Das britische Kernenergieprogramm sieht laut Premierminister Gordon Brown vor, einen neuen Kernkraftwerkspark mit rund 16 GW Leistung zu bauen. Die Firmen, die den Neubau von Kernkraftwerken umsetzen wollen, begrüssen die Haltung der Regierung und haben bereits erste Schritte unternommen. Sie stellen aber auch klare Forderungen an die Politik. Dabei steht die Besteuerung von Treibhausgasen im Zentrum.

31. Jan. 2010

Den ersten grossen Schritt beim Neubau von Kernkraftwerken in Grossbritannien macht Electricité de France (EDF). Das Unternehmen will bis Ende 2017 am Standort Hinkley Point (Sommerset) das erste neue Kernkraftwerk in Grossbritannien in Betrieb nehmen. Bis 2025 plant der französische Staatskonzern insgesamt vier Kernkraftwerke mit einer elektrischen Leistung von zusammen rund 6500 MW in Grossbritannien fertigzustellen. Auch das Konsortium Horizon Nuclear Power (E.On UK und RWE npower) und eine Gruppe um die GDF Suez (zusammen mit der spanischen Iberdrola und Scottish and Southern Energy) haben ihrerseits Neubauprojekte angekündigt. Alle hatten sich im Vorfeld geeignetes Bauland gesichert. Neben ihrer Beteiligung zu 50% an Horizon Nuclear Power hält die RWE Optionen auf zusätzliches Land, das für den Bau von Kernkraftwerken in Frage kommt.

Forderungen nach einer klaren CO<sub>2</sub>-Abgaberegelung

Für die Planungsgesellschaften ist es wichtig, Projekte, die mehrere Milliarden kosten, mit grösstmöglicher Sicherheit planen und durchführen zu können. Am 2nd Annual Nuclear New Build Forum vom 17. November 2009 in London forderten Vertreter der EDF und der Horizon Nuclear Power von der Regierung ein Preissystem für den CO2-Ausstoss, mit dem langfristig zu rechnen ist. Es würde mehr Anreize zu Investitionen in CO2-arme Stromerzeugungstechnologien wie erneuerbare Energien oder Kernenergie schaffen. Derzeit gebe es keine Hinweise darauf, wie sich der Handel von CO2-Zertifikaten nach dem Auslaufen der Kyoto-Verträge 2012 entwickeln werde. CO2-Emittenten sollten genauso für ihre Emissionen, sprich ihren Abfall, aufkommen, wie dies die Kernkraftwerksbetreiber bei der Entsorgung ihrer radioaktiven Abfälle tun.

Fehlende Anreize zu CO<sub>2</sub>-Minimierung bei Stromverbrauchssteuer

Eine weitere Kritik der Elektrizitätsunternehmen betraf die sogenannte Klimawandel-Steuer (Climate Change Levy, CCL), eine Steuer auf dem Energiekonsum von Unternehmen, also grossen Stromkunden. Die Stromanbieter entrichten die Steuer und verrechnen sie anschliessend ihren Kunden. Mit der Klimawandel-Steuer sollen Anreize zu mehr Energieeffizienz geschaffen werden. Strom aus erneuerbaren Energien ist als einziger von dieser Steuer ausgenommen. Es sei ungerecht, argumentieren die Vertreter der Nuklearindustrie, dass die Kernenergie mit CO2-intensiven Stromproduktionstechnologien wie Kohle- und Gaskraftwerken in einen Topf geworfen werde, obwohl sie sehr geringe CO2-Emissionen verursache und genau deswegen im Kampf gegen den Klimawandel zum Einsatz kommen solle. Tatsächlich unterscheidet die Steuer nicht zwischen der fossilen und der nuklearen Stromerzeugung.

Widerstand gegen neue CO2-Abgaberegelung

Widerstand gegen höhere CO2-Abgaben kommt unter anderen von Verbraucherschutzgruppen, die höhere Strompreise für Endkonsumenten befürchten. Vertreter der Greenpeace sehen in der Forderung der Planungsgesellschaften eine indirekte Subventionierung der Kernkraftwerke. Bis jetzt hat die britische Regierung jegliche Subvention für neue Kernkraftwerke abgelehnt. Am 21. Januar 2010 hatte Philip Hunt, Staatsminister im Department of Energy and Climate Change (DECC), in einem Frage-und-Antwort-Blog der Zeitung «The Guardian» bekräftigt, dass keine Steuergelder in neue Kernkraftwerke fliessen werden. Weiter schrieb Hunt, dass ein klarer Preis für CO2-Ausstoss notwendig sei um alle CO2-armen Technologien auszubauen und signalisierte damit die Bereitschaft der Regierung, sich für einen entsprechenden CO2-Markt einzusetzen. Die Regierung hoffe, dass die Unternehmen aus eigenen Kräften Kernkraftwerke bauen werden. Neue Kernkraftwerke seien für die Regierung essentiell, wolle sie ihre ehrgeizigen Klimaziele erreichen.

Positive Signale auch von möglicher Nachfolge-Regierung gefordert

Unmut bei den Industrievertretern hatte die Konservative Partei mit der Ankündigung ausgelöst, im Falle ihrer Wahl im Frühjahr 2010 die Aufgaben der regierungsunabhängigen Infrastruktur-Planungskommission einem Ministerium zu übertragen. Die neu gegründete Kommission entscheidet unter anderem über die Bewilligung von Kernkraftwerken. Für die Industrie bedeutet die Ankündigung der Konservativen Unsicherheit bei der Kernkraftwerksplanung. Charles Hendry, Mitglied der Konservativen Parlamentsfraktion, versuchte am Nuclear New Build Forum, die Industrie zu beruhigen: Oberstes Ziel bliebe, durch klare Rahmenbedingungen einen möglichst verzögerungsfreien Ablauf bei Bewilligung und Bau neuer Kraftwerke zu garantieren. Dazu brauche es indessen den Einfluss der Politik.

Quelle

M.R. nach 2[sup]nd[/sup] Annual Nuclear New Build Forum, London, 19. November 2009, und The Guardian, Live Q&A, 21. Januar 2010

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