Bekämpfung der Braunstreifen-Krankheit in Uganda mit Nukleartechnik

Für rund eine halbe Milliarde Menschen in Afrika sind nicht Weizen oder Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel, sondern die stärkehaltigen Wurzeln der Cassava-Pflanze, die auch als Maniok bekannt ist. Doch die Versorgung mit dieser ansonsten robusten Feldfrucht ist in Gefahr: Ein Virus, das sich in wenigen Jahren rasch in vielen afrikanischen Ländern ausgebreitet hat und immer weiter voranschreitet, infiziert Cassava-Pflanzen und lässt ihre Wurzeln absterben. Da die Infektion am oberirdischen Teil der Pflanzen kaum Spuren hinterlässt, fällt der Befall den Bauern zumeist erst auf, wenn sie die nicht mehr essbaren Wurzeln ernten.

9. Juni 2022
Maniok mit und ohne Braunstreifen-Krankheit
Rechts eine der vier mit Hilfe von Bestrahlung entwickelten Maniok-Sorten, die keine Braunstreifen-Krankheit aufweist, im Vergleich zu der infizierten, ungeniessbaren Maniok links.
Quelle: P. Nalela / NaCRRI

Als arabische Händler in den späten 1860er-Jahren Maniok – ein nussig schmeckendes Wurzelgemüse, das reich an Vitaminen, Mineralien und Proteinen ist – in das heutige Uganda einführten, ahnten sie nicht, dass es sich in weniger als einem Jahrhundert zu einem der wichtigsten Grundnahrungsmittel des Landes entwickeln würde: Fast drei Viertel der landwirtschaftlichen Haushalte bauen Maniok an. Die beliebte und in der lokalen Küche fest verankerte Maniokpflanze ist jedoch von der Braunstreifen-Krankheit (Brown Streak Disease, CBSD) bedroht. CBSD macht das Fleisch der Maniokpflanze ungeniessbar und kann die Produktion um 70% reduzieren, was die Ernährungssicherheit und den Lebensunterhalt der Landwirte gefährdet, die für ihre Ernährung und ihr Einkommen auf diese Pflanze angewiesen sind.

Deshalb befasst sich das National Crops Resources Research Institute (NaCRRI) in Uganda mit einer nuklearen Züchtungstechnik und arbeitet mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zusammen, um Manioksorten zu entwickeln, die sowohl gegen das Virus resistent als auch ertragreich sind. Maniok ist eine vegetativ vermehrte Pflanze mit einer schmalen genetischen Basis. Durch die Bestrahlung von Maniokgewebe wurde der natürliche Evolutionsprozess der induzierten Mutationen beschleunigt, wodurch die Vielfalt der Sorten, darunter auch einige mit neuen Merkmalen, zunahm.

Bislang wurden mit dieser Methode 42 neue Manioklinien entwickelt, von denen vier eine gewisse Resistenz gegen CBSD gezeigt haben – jetzt geht es darum, sie für höhere Erträge weiterzuentwickeln, so die IAEO. «Die Sorten, die wir anbauten und in der traditionellen Züchtung zur weiteren Verbesserung verwendeten, waren anfällig für CBSD. Durch den Einsatz nuklearer Züchtungstechniken können unsere Landwirte nun wieder Hoffnung auf den Anbau von Maniokpflanzen setzen, die nicht von CBSD befallen sind», sagte Emmanuel Ogwok, leitender Forschungsbeauftragter beim NaCRRI, der Nationalen Agrarforschungsorganisation in Uganda und Dozent an der Universität Lira.

Kombinierte Aktivitäten der IAEO
Die Unterstützung der IAEO bei der Bekämpfung von CBSD in Uganda erfolgt durch eine Verknüpfung eines Projekt der technischen Zusammenarbeit mit einem koordinierten Forschungsprojekt. Die IAEO spendet Ausrüstung, verbessert die Laboreinrichtungen und schult Landwirte und Wissenschafter in den Techniken, die zur Entwicklung der neuen Manioklinien eingesetzt werden.

Ogwok war einer der Spezialisten, die an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien in Gewebekulturen – der Kultivierung von Pflanzenzellen – und Pflanzenpathogenen ausgebildet wurden. Zusammen mit anderen ugandischen Forschenden, die in Ghana und Malaysia in praktischen und theoretischen Anwendungen der Mutationszüchtung geschult wurden, lernte Ogwok, wie man nukleare Techniken einsetzt, um aktuelle und neu auftretende Bedrohungen durch Krankheitserreger bei Pflanzen anzugehen.

Diese Ausbildung ist für Maniok besonders wichtig, da es sich um eine vegetativ vermehrte Pflanze handelt, die genetisch identisch wie ihre Muttersorten ist und mit Hilfe von Nukleartechniken vermehrt werden kann. «Bei dieser Technik wird Gewebe einer gesunden Maniokpflanze verwendet, das bestrahlt wird, um eine genetische Mutation anzustossen. Die aus dem bestrahlten Gewebe regenerierten Pflanzen werden in wiederholten Gewebekulturen auf ihre Resistenz gegen CBSD selektiert, die sich durch das Fehlen von Krankheitssymptomen zeigt», so Kofi Bimpong, Pflanzenzüchter und Genetiker am Joint FAO/IAEA Centre of Nuclear Techniques in Food and Agriculture und technischer Leiter des koordinierten Forschungsprojekts zur Anwendung nuklearer Techniken auf Maniok-Pflanzenmaterial in Gewebekulturen zur Entwicklung von Krankheitsresistenz. «Für die Landwirte oder Endverbraucher wird die Verfügbarkeit von krankheitsfreiem Maniok die Lebensgrundlage der ländlichen Gemeinschaften verbessern und zur Ernährungssicherheit beitragen», fügte Bimpong hinzu.

Dies ist das erste Projekt der IAEO, das Uganda dabei unterstützt, die nuklearen Techniken für ertragreichere und krankheitsresistente Manioksorten kennenzulernen und anzuwenden.

Quelle

M.A. nach IAEO, Medienmitteilung, 31. Mai 2022 sowie Julius-Kühn-Institut und Leibniz-Institut DSMZ, Presseinformation, 19. Juni 2019

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