Deutschland: Weniger Hochschulabsolventen in kerntechnischen Studienfächern

Der deutschen Kerntechnik fehlt der Nachwuchs. Der Bedarf ist erheblich, denn es steht ein Generationenwechsel bevor.

15. Okt. 2000

Da der Bundesregierung keine aktuellen Daten zur Ausbildungssituation vorliegen, hat der "Kompetenzverbund Kerntechnik" in der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF), dem die Helmholtz-Zentren Jülich und Karlsruhe sowie das Forschungszentrum Rossendorf und die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) angehören, das gegenwärtige und mittelfristige kerntechnische Lehrangebot an deutschen Hochschulen ermittelt. Die jetzt vorliegende Auswertung einer detaillierten Umfrage belegt, dass zur Zeit noch an 16 Universitäten und 11 Fachhochschulen kerntechnische Studienfächer angeboten werden - mit deutlich fallender Tendenz für die Jahre 2005 bis 2010. Im Jahr 1999 lag die Zahl der kerntechnischen Absolventen an den Universitäten bei nur 44, an den Fachhochschulen bei 21. In diesem Jahr wird sie noch niedriger ausfallen.
Für den sicheren Betrieb der bestehenden Kernkraftwerke und den entsprechenden industriellen Service sowie für die Planung, die Errichtung und den sicheren Betrieb von Endlagern ist mit einem Bedarf von rund 1000 neuen Fachkräften bis 2010 zu rechnen. In den Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder sowie bei den Gutachterinstitutionen steht beim Fachpersonal ein Generationswechsel ebenso an wie in den Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen. Im Zeitraum bis 2010 ist allein bei den Behörden mit 400 bis 500 altersbedingten Abgängen zu rechnen. Um hier den verbleibenden Bedarf von etwa 300 Fachkräften zu decken, müsste man die nächsten sechs bis acht Jahrgänge der Hochschulabsolventen mit kerntechnischer Fachausbildung komplett dafür einstellen. Ein vergleichbarer Generationswechsel hat in den öffentlich geförderten Zentren und Institutionen der nuklearen Sicherheits- und Endlagerforschung bereits eingesetzt. Auch hier wird in den nächsten Jahren ein grosser Teil der Kompetenzträger in den Ruhestand verabschiedet. Darüber hinaus benötigt Deutschland eine ausreichende Zahl an Nuklearspezialisten, um im internationalen Bereich wirksam mitarbeiten zu können.
Auch gemäss rot-grüner Bundesregierung braucht Deutschland eine weitere Generation kerntechnischer Fachleute - nicht nur für den sicheren Weiterbetrieb der Kernkraftwerke, sondern auch für deren anschliessende Stilllegung und Beseitigung sowie für die Endlagerung der radioaktiven Abfälle. Insbesondere beim Thema nukleare Entsorgung wurde durch die jüngsten Konsensvereinbarungen zwischen Bundesregierung und Energieversorgern der Bedarf an Fachwissen erheblich erweitert. "Um die anstehenden Aufgaben bearbeiten zu können, ist die Erhaltung einer breiten Nuklearkompetenz in Deutschland zu gewährleisten", fasst Peter Fritz, Sprecher des Kompetenzverbundes und Vorstandsmitglied des Forschungszentrums Karlsruhe, zusammen. "Es ist dazu notwendig, dass Bund und Länder jetzt eine ausreichende und stabile Finanzierung für die Forschung und Lehre an den Forschungszentren und Hochschulen bereitstellen. Eine einmal aufgegebene Kompetenz ist unrettbar verloren und die Entscheidung, einen Lehrstuhl aufzulösen, kurzfristig nicht revidierbar."

Quelle

M.S. nach Presseinformation des Forschungszentrums Karlsruhe, 16. Oktober 2000

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