Grossbritannien: Generic Design Assessment steht nun auch fortgeschrittenen Kernreaktoren offen

Das britische Department for Business, Energy and Industrial Strategy (BEIS) hat am 11. Mai 2021 bekanntgegeben, dass das Generic Design Assessment (GDA) nun auch für fortgeschrittene Reaktortechnologien offensteht. Bei dieser freiwilligen Prüfung bewerten die Nuklearaufsichtsbehörden die standortunabhängige Auslegung eines Kernreaktors unter Sicherheits-, Sicherungs- und Umweltschutzaspekten basierend auf geltenden gesetzlichen Vorschriften. Details dazu verrät ein Leitfaden für Antragssteller.

17. Mai 2021
Gebäude des BEIS
Das britische Department for Business, Energy and Industrial Strategy (BEIS) hat am 11. Mai 2021 bekanntgegeben, dass nun auch für fortgeschrittene Nukleartechnologien eine standortunabhängige Auslegungsprüfung durchgeführt werden kann.
Quelle: BEIS

Am 11. Mai 2021 verkündete das BEIS, dass die Vorprüfung der Auslegung eines Kernreaktors nun auch für fortgeschrittene Nukleartechnologien – wie kleine, modulare Reaktoren (SMR) – offensteht. Worum es bei dieser Vorprüfung geht, erklärt das Ministerium in Leitlinien für Antragsteller: «Die generische Auslegungsprüfung (Generic Design Assessment, GDA) ist ein Verfahren, das vom Office for Nuclear Regulation (ONR) und der Environment Agency (EA) (den Nuklearaufsichtsbehörden) durchgeführt wird, um die Sicherheits-, Sicherungs- und Umweltschutzaspekte einer Kernkraftwerksauslegung (KKW) zu bewerten, die in Grossbritannien eingesetzt werden soll. Auch Natural Resources Wales (NRW) wird sich wahrscheinlich daran beteiligen. Mit dem GDA soll beurteilt werden, ob eine vorgeschlagene Technologie in Grossbritannien gebaut, betrieben und stillgelegt werden kann […].»

Vorprüfung durch Aufsichtsbehörden dauert rund vier Jahre
In dem zirka vier Jahre dauernden Vorlizenzierungsprozess prüfen Aufsichtsbehörden somit standortunabhängig, ob eine Auslegung eines Kernreaktors in der Lage ist, die gesetzlichen Vorschriften Grossbritanniens bezüglich Sicherheit und Umweltschutz zu erfüllen. Ein GDA ermöglicht es den Aufsichtsbehörden gemäss BEIS, mit der Prüfung neuer Auslegungen von Kernkraftwerken bereits lange vor Baubeginn zu beginnen. Das bedeute, dass mögliche Probleme bei der Auslegung frühzeitig erkannt und der Antragsteller diese zu lösen versuchen könne.

Das BEIS prüft nach Eingang eines Antrags auf ein GDA zuerst, ob die betreffende Reaktorauslegung überhaupt für die Teilnahme an der Prüfung geeignet ist. Fällt der Entscheid positiv aus, gibt das BEIS dem ONR, der EA und NRW den Auftrag, mit dem GDA zu beginnen.

Das GDA ist gemäss britischer Regierung in drei Stufen unterteilt: Initiierung des Verfahrens (Schritt 1), grundlegende Bewertung (Schritt 2) und detaillierte Bewertung (Schritt 3). Mehr dazu steht in den Leitlinien in Abschnitt 1.3.

Design Acceptance Confirmation (DAC) und Statement of Design Acceptability (SoDA)
«Der erfolgreiche Abschluss des GDA gipfelt in der Erteilung einer Design Acceptance Confirmation (DAC) durch das ONR und einer Statement of Design Acceptability (SoDA) durch die EA», steht in den Leitlinien. Laut BEIS ist das GDA-Verfahren nicht obligatorisch – man geht aber davon aus, dass viele Reaktorhersteller es nutzen werden, um die Ungewissheit und das Projektrisiko zu verringern, was sich [von technischer Seite] positiv auf künftige Lizenzierungs-, Genehmigungs-, Bau- und Regulierungsaktivitäten für den betreffenden Reaktor auswirkt.

Ein gutes FAQ zum GDA hat ONR veröffentlicht.

Obligatorische Prüfungen bei neuen Kernkraftwerksprojekten
Die freiwillige, standortunabhängige Überprüfung im Rahmen der GDA ist von den standortabhängigen, obligatorischen Prüfungen zu unterscheiden, die es für den Bau und eines Kernkraftwerks benötigt: eine sogenannte Development Consent Order (DCO, eine Art Baugenehmigung) des Wirtschafts- und Energieministers sowie eine Standortgenehmigung des ONR und Umweltgenehmigungen der Environment Agency (EA).

Was sind fortgeschrittene Nukleartechnologien?
Gemäss BEIS umfassen fortgeschrittene Nukleartechnologien ein breites Spektrum an Reaktortechnologien, die sich in Entwicklung befinden, und weisen folgende gemeinsame Merkmale auf:

  • Sie sind kleiner als herkömmliche Kernreaktoren.
  • Sie sind so ausgelegt, dass ein Grossteil der Anlage in einer Fabrik vorfabriziert und dann zum Verwendungsort transportiert werden kann, wo die Installation stattfindet. Dies verringert das Baurisiko und macht nukleare Neubauprojekte weniger kapitalintensiv.

Die britische Regierung unterteilt die fortgeschrittenen Nukleartechnologien in zwei Gruppen:

  • wassergekühlte kleine, modulare Reaktoren (SMR) der Generation III, die ähnlich wie in Betrieb stehende grosse Kernkraftwerke sind, jedoch in kleinerem Massstab
  • fortgeschrittene, modulare Reaktoren (Advanced Modular Reactor, AMR) der Generation IV und darüber hinaus, die neuartige Kühlsysteme und/oder Brennstoffe verwenden, um neue Funktionen (z. B. industrielle Prozesswärme) und potenziell eine deutliche Kostensenkung zu ermöglichen

Zu den SMR gehört beispielsweise der Rolls-Royce-SMR, ein kleiner 470-MWe-Druckwasserreaktor. Zu den AMR gehören die gasgekühlten Hochtemperatur-Reaktoren (HTGR), welche die Regierung Grossbritanniens bevorzugt in einem RD&D-Programm entwickelt.

Quelle

B.G. nach BEIS, Website und Leitlinien zur Teilnahme am GDA-Verfahren für fortgeschrittene Nukleartechnologien, Dezember 2022, und Website zu fortgeschrittenen Nukleartechnologien, 7. März 2022; sowie ONR, Website zu GDA, 1. April 2022. Die auf dieser Seite angegebenen Informationen berücksichtigen Aktualisierungen aus dem Jahr 2022.

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