Neutrinostrahl quer durch Japan

Um die Eigenschaften von Neutrinos zu verstehen, produzieren Wissenschafter in Japan einen Neutrinostrahl und schiessen ihn quer durch das Land zu einem 295 km entfernten Detektor.

18. Mai 2009

Am 23. April 2009 haben die High Energy Accelerator Research Organisation (KEK) und die Japan Atomic Energy Agency (JAEA) mitgeteilt, dass sie erstmals für ihr «Tokai to Kamioka»-Experiment (T2K) einen Neutrinostrahl erzeugt haben. Ziel des Experiments ist die Umwandlung von Neutrinos genau zu messen und besser zu verstehen. Takashi Kobayashi, Pressesprecher des Experiments und Professor an der KEK, bezeichnete diesen Tag als Startschuss für neue Untersuchungen der Neutrino-Oszillation.

Neutrino-Oszillation

Neutrinos sind elektrisch neutrale Teilchen, die mit Materie nur sehr schwach wechselwirken. Drei Arten von Neutrinos beziehungsweise Antineutrinos sind heute bekannt: Elektron-, Müon- und Tau-Neutrinos. Mit dem Super-Kamiokande-Detektor in Japan konnte 1998 erstmals die sogenannte Neutrino-Oszillation – die Umwandlung von Neutrinoarten ineinander – nachgewiesen werden. Die Forscher konnten belegen, dass die von der kosmischen Strahlung in der oberen Atmosphäre erzeugten Müon-Neutrinos auf ihrem Weg zum Detektor sich hauptsächlich in Tau-Neutrinos umwandeln. Hingegen wurde die Umwandlung von Müon- in Elektron-Neutrinos noch nie beobachtet. Mit dem T2K-Experiment planen die Wissenschafter, die Oszillation zwischen Müon- und Tau-Neutrinos genauer zu messen und hoffen, erstmals die Umwandlung von Müon- in Elektron-Neutrinos nachweisen zu können.

Von Tokai nach Kamioka

Erzeugt wird der Neutrinostrahl am Japan Proton Accelerator Complex (J-Parc) in Tokai an der Ostküste Japans mit einem neu gebauten Synchrotron-Beschleuniger. Im Dezember 2008 wurden hier erstmals Protonen auf 30 GeV beschleunigt. In 280 m Entfernung vom Ursprung der Neutrinos misst ein Detektor die Flussstärke des reinen Müon-Neutrinostrahls.

Nach 295 km Reise durch die Erdkruste trifft der Strahl auf den Super-Kamiokande-Detektor in einer ehemaligen Mine im Bezirk Kamioka der Stadt Hida. Dort werden die Stärke und die Zusammensetzung des Strahls erneut bestimmt. Aus dem Vergleich der beiden Messungen erhoffen sich die Wissenschafter, die sogenannten Mischwinkel der Oszillation bestimmen zu können.

Sollte dies gelingen, wäre der Weg geebnet für weitere bedeutende Neutrino-Experimente, mit denen die Wissenschafter eine Erklärung für den Überschuss der Materie gegenüber der Antimaterie nach dem Urknall zu finden hoffen.

Quelle

M.B. nach J-Parc, 23. April, und ETH-Life, 5.Mai 2009

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